Von: Feliks Vainik am 21.1.2018
Seit nunmehr gut 3 Jahren schaltet die Stromnetz Berlin GmbH ihre Anlagen mit der StromPager-Technologie. Am 18.01.2018 schilderte der Versorger im Rahmen eines Webinars, seine Beweggründe für und die Erfahrungen mit dem System.
Weitere Themen waren die Vorteile und Funktionsweise der Lösung und die Weiterentwicklung der StromPager-Schaltbox.
Der StromPager seit einiger Zeit zuverlässig im Einsatz bei Stromnetz Berlin
Zunächst berichtete Herr Schaloske von der Stromnetz Berlin über die Entscheidungsgründe für das StromPager-Projekt. Diese ergaben sich hauptsächlich aus den nicht unerheblichen Nachteilen der Tonrundsteuerung. Neben der Tatsache, dass diese Steuerlösung sehr viel Raum beanspruchte, waren auch die notwendigen Ersatzinvestitionen sehr hoch. Es musste also eine platzsparende und kostengünstige Alternative gefunden werden. Da außerdem weitaus mehr als 20.000 Anlagen gesteuert werden müssen, bedurfte es einer Technologie, die massensteuerungstauglich ist, netzdienlich schalten und steuern kann sowie zukunftssicher ist, auch im Hinblick auf den Rollout des Smartgrids.
Nach eingehender Recherche fand man einen Ansatz und entwickelte gemeinsam mit e*Message in einem Projekt die StromPager-Dienstleistung e*Nergy, die auf der bestehenden Pagingtechnologie (CEPT/ETSI: NP2M-Narrowband Point to Multipoint) aufbaut.
e*Nergy ist mit dem StromPager seit mehr als 3 Jahren bei Stromnetz Berlin im Einsatz. Nach anfänglicher Lernkurve funktioniert diese nun sehr sicher mit nahezu 100%ger Ausführung aller Schalt- und Steuerbefehle. Besonders hob Herr Schaloske die Sicherheit der Erreichbarkeit der Anlagen hervor, die sich nicht selten in Kellern oder anderen schwer zugänglichen Räumen befinden. Breitbandige Netze haben hier häufig Probleme in der Durchdringung. e*Nergy ist also eine zukunftssichere und kostensparende Alternative, um alle TFR und Zeitschaltuhren zu ersetzen, die gegenwärtig noch im Einsatz sind. Gute Funkversorgung erspart die Kosten für nachträgliche teure, ortsspezifische Speziallösungen für den Funk.
Die StromPager-Kommunikationstechnologie als sichere Basis
Die StromPager-Steuerbox: Anforderungen und Entwicklungen
Herr Herold von IK-Elektronik, dem Hersteller der StromPager-Schaltboxen für den ersten Teil des Rollouts, berichtete über die gegenwärtige Entwicklung der Geräte. Zunächst wurde seinerzeit eine 4-Relais-Option hergestellt, die der gegebenen Infrastruktur angepasst wurde, damit die Geräte sofort und ohne Probleme eingebaut werden konnten (Plug & Play). Davon ausgehend wurde zusätzlich eine 2-Relais-Option zum platzsparenden Einbau in Lichtmasten entwickelt, um die Straßenbeleuchtung zu steuern. Eine Hybridvariante mit Rückkanaloption folgt, bei der die StromPager-Technologie für die effektive Massensteuerung und CLS bei Bedarf als Rückkanal zur Rückmeldung an die Leitstelle genutzt wird.
Die StromPager Steuersoftware als Bedienstelle und zur Integration in die Kundeninfrastruktur
Über die Leitstellenfunktionalität sprach Herr Bergauer von Bosch SI, insbesondere über den Fakt, entsprechende Module so zu entwickeln, dass die Lernkurve so niedrig gehalten wird, dass bereits existierende Erfahrung bezüglich Funktionsabläufen und Prozessen nahtlos vom Kunden übernommen werden können, um die StromPager-Lösung entsprechend zu bedienen.
Diskussion / Schlussfolgerung
Nach der Vorstellung der Lösung und der Präsentation der Erfahrungen konnten die Teilnehmer Fragen an die Referenten stellen.
Eine Umfrage während des Webinars ergab, dass weit mehr als 75% der Teilnehmer nicht daran glauben, dass die lange avisierte FNN-Steuerbox in den nächsten 2 Jahren verfügbar sein wird.
Deshalb interessierte besonders die vielleicht provokatorisch gemeinte Frage eines der überdurchschnittlich vielen Webinar-Teilnehmer, ob es Sinn macht, in etwas anderes als die FNN- Steuerbox zu investieren.
Herr Hofmann beantwortete diese Frage wie folgt: Der StromPager ist zukunftssicher. Er wird auch kombinierbar sein mit allem, was auch immer schon längst fertig sein sollte und ja begründet scheinbar längere Zeit in Anspruch nimmt. Der StromPager ist verfügbar, preiswert und im harten Regelbetrieb erprobt. Er ist durchaus eine ernstzunehmende Alternative oder Ergänzung zur FNN-Steuerbox, auch weil neben der noch ungewissen Zukunft der Steuerbox in Bezug auf deren Einführung die Sicherheit eine besondere Rolle spielt. Jede bidirektionale Abbildung schafft auch Sicherheitsrisiken und öffnet Hackern ein weiteres Tor zum möglichen Angriff. Angriffsszenarien werden durch den StromPager merklich reduziert. Da der Rückkanal meistens über GSM läuft, ist die Erreichbarkeit ebenfalls kritisch. Außerdem ist die Wirtschaftlichkeit der FNN-Steuerbox in Frage gestellt, weil eine „richtige“ Massenschaltung gegenwärtig technologisch nicht machbar ist, im Gegensatz zum StromPager.
Aufgrund der zahlreichen Hackerangriffe in verschiedenen Bereichen stand die Sicherheit bei den Webinar-Teilnehmern besonders im Fokus.
Auf die Frage, wie sicher die Lösung ist, berichtete Herr Hofmann von e*Message über die Manipulationsresistenz des Systems. Nur autorisierte Anwender haben entsprechende Berechtigungen. Kein unbefugter Dritter hat Zugriff. Des Weiteren wies Herr Schaloske von der Stromnetz Berlin darauf hin, dass aufgrund der Unidirektionalität das System weitaus weniger Angriffspunkte liefert als andere Lösungen.
In einer abschließenden Diskussion wurden weitere Fragen der Zuhörer durch die Referenten beantwortet.
Nicht gestellt wurde die Frage nach der Sicherheit einer alternativen Funkrundsteuerung im Langwellenbereich, die seit Jahren zum Teil in Süddeutschland im Einsatz ist und die bei Stromnetz Berlin aus Effizienzgründen nicht in Frage kam. Wie bekannt, ist nicht nur durch Hochschulveröffentlichungen auf erhebliche Sicherheitslücken bei EFR aufmerksam gemacht worden.
Das Webinar fand im Bosch IoT Campus der Bosch Software Innovations GmbH in Berlin Tempelhof statt, welcher parallel zum Webinar eröffnet wurde. Nach den Eröffnungsworten des regierenden Bürgermeisters von Berlin Michael Müller sowie des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Robert-Bosch GmbH Volkmar Denner konnte der neue Hauptsitz der Bosch Software Innovations erkundet werden. Der Bosch IoT Campus befindet sich in dem ehemaligen Ullstein Verlagshaus in Berlin Tempelhof.
Feliks Vainik
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