e*Message Blog

Digitalfunk BOS – Der ideale Weg in die Zukunft?

Geschrieben von Klaus Hütten | 18.7.2018

Im Juni 2018 hatte ich, als Autor dieses Beitrages, die Möglichkeit mit dem Präsidenten der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS), Herrn Andreas Gegenfurtner über die Zukunft des Digitalfunks bis 2030 zu sprechen (den Link zum Interview finden Sie am Ende des Artikels).

Die deutschen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben verfügen über das weltgrößte professionelle Funknetz im TETRA-Standard.
 

Wie funktioniert der BOS-Digitalfunk?

„Der BOS-Digitalfunk ist das weltweit größte Funknetz, das auf dem internationalen TETRA-Standard basiert. Mit diesem Funknetz verfügen die Einsatzkräfte der Polizei, Feuerwehren, Rettungsdienste sowie weiterer Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen über ein modernes und vielseitiges Kommunikationsmittel. Die Technik lässt eine organisationsübergreifende und bundesweite Verständigung zu und vereinfacht somit die Durchführung komplexer Einsatzszenarien - insbesondere auch in Krisenlagen und Katastrophensituationen.“
 
Die gegenwärtig über 800.000 Teilnehmer/innen führen über die ca. 4.600 Basisstationen, 62+2 Vermittlungsstellen und 2 Netzmanagementcenter bis zu 50 Millionen Funksprüche im Monat. 
 
Die Zukunft des Netzes
 
Bis mindestens 2030 ist die Funktionsfähigkeit des Sprechfunks auf dem TETRA-Standard sichergestellt.
 
Ab dem 01.01.2019 kommen weitere Aufgaben dazu: Der Bundesanstalt wurde ab 01. Januar 2019 die Verantwortung für den Betrieb der „Netze des Bundes“ übertragen. Das bedeutet, dass die Netze des Bundes künftig nicht mehr von einem privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen, sondern durch die BDBOS als Netzbetreiber des Bundes im Eigenbetrieb verantwortet werden. Allein dafür wurden 259 neue Stellen bei der BDBOS geschaffen.

Schon heute werden vorbereitende Tätigkeiten für die Realisierung von Breitbanddiensten für die BOS durchgeführt. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Netzmodernisierung der Systemtechnik auf der Grundlage des IP-Standards bis 2021.
Mit dieser Netzmodernisierung bis 2021 werden die technologischen Grundsteine zur Erfüllung neuer Nutzeranforderungen in BOS-Breitbanddiensten im LTE/5G-Standard gelegt. Frequenzen gehören auch dazu.

Die durch die Bundesnetzagentur zugewiesenen 2x8 MHz im nichtharmonisierten Bereich des 700 MHz-Bereichs werden nach Ansicht der BDBOS nicht ausreichen. Die durch BMI/BDBOS geforderten weiteren 2x10 MHz im 450 MHz-Bereich konkurrieren mit den Anforderungen anderer Nutzergruppen aus den Bereichen Transport, Ver- und Entsorger und Industrie (TUI). Auch weil die Bundesnetzagentur deutschlandweit zuweisen will, liegt dabei ein Betreibermodell für kritische Anwendungen nicht im Bereich des Unmöglichen. Eine Entscheidung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) steht aus. Eine politische Grundsatzentscheidung über die Verwendung wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Zusammenwirken mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) erwartet.
 

BOS-Breitbanddienste

Dass mit dem gegenwärtigen Digitalfunk BOS nicht die zunehmenden Nutzeranforderungen hinsichtlich veränderter Einsatzkommunikation, insbesondere bei der Übertragung von Daten, vollumfänglich erfüllt werden und erfüllt werden können ist unstrittig.

Der Ruf nach BOS-Breitbanddiensten wird immer lauter und ist berechtigt. Die Betonung liegt, aber eben nicht nur, auf Breitband sondern auch auf BOS.

Ob diese Anforderungen durch kommerzielle Breitbandnetze erfüllt werden ist nach Ansicht der BDBOS fraglich. Hier geht es um eine extrem hohe Verfügbarkeit des gesamten Systems, eine Notstromversorgung von 72 Stunden auch bei großflächigem Stromausfall, ein eigenes Nutzermanagement, Gruppenrufe u.v.m.

Ein flächendeckendes und hochverfügbares BOS-Breitbandnetz wird nur durch die Nutzung kommerzieller Infrastrukturen möglich sein. Ebenso wichtig sind der Aufbau und die Nutzung eigener Infrastrukturen für die BOS und ggf. anderer Nutzer in kritischen Infrastrukturen.

Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg. Das wissen auch die BDBOS und ihr Präsident.

Die Erfahrungen der behördlichen Nutzer in anderen Ländern, wie Großbritannien und den USA werden aufmerksam verfolgt.
 

Alarmierung und Digitalfunk BOS

Auch wenn die BDBOS von einer 99%igen Netzabdeckung ausgeht und der Dienst Alarmierung als bundesweit verfügbarer Dienst deklariert wird, wird mit wenigen Ausnahmen noch analog im 4m-Band bzw. digital im 70-cm-Band1 oder im 2m-Band2  alarmiert. Einzig in Hessen hat Airbus mehr als 50.000 Tetra-Pager P8GR an die Feuerwehren und Rettungsdienste ausgeliefert. Hier spielt sowohl die Gesetzgebung dieses Bundeslandes zur Verantwortung für den Brandschutz, als auch die realisierte, weil zwingend erforderliche, sehr gute Funkversorgung des TETRA-Netzes eine Rolle.
 
1 Als Betreibermodell siehe www.bos-alarmierung.de
2 Als durch die jeweilige Kommune betriebenes Alarmierungsnetz
 
Dabei ist ausreichend sehr gute Funkversorgung wie bekannt und bei den Anschlägen in Brüssel und an anderer Stelle erfahren nur ein notwendiges Merkmal für Alarmierung.
 
Die bei der BDBOS im Vordergrund stehende Konvergenz der unterschiedlichen Kommunikationsdienste in einem Kommunikationsnetz ist aus funktionalen, Verfügbarkeits- sowie Kapazitätsgründen zu hinterfragen. Ob die Alarmierung ein definierter BOS-Breitbanddienst wird ist zurzeit offen.

Dieses Thema wird uns im Rahmen des CritComms 2018 auch weiterhin beschäftigen.
 

Fragen und Anregungen

An das Organisationsteam (Frau Ulrike Kieper, E-Mail: u.kieper@emessage.de, Tel.: 030 / 4171-2011).
Natürlich gibt es den Themenkatalog bereits in ausführlicher Form. Hier ist er zu finden:


Programmbeirat 
CritComms 2018 Paging-Kongress